Liebes Tagebuch,
bis vor ein paar Tagen hatte ich eine Patientin in der Versorgung, die eigentlich gar nicht in Senden wohnt. Da sie hier aber eine Woche Urlaub machte, benötigte sie von uns Unterstützung beim An- und Ausziehen der Kompressionsstrümpfe. Ich schaute mir das am ersten Tag an und am zweiten und dachte mir so: „Eigentlich sind diese Strümpfe zu weit für Sie.“ In der Kniekehle musste ich sie immer gut nach oben ziehen, weil die Dame sagte, die Strümpfe fangen an zu rutschen und dann kneifen sie. Ich fragte daraufhin, wie alt denn die Strümpfe wohl wären. Die Antwort war: „Das sind die vorletzten.“ Und die Dame hatte ein leichtes Lächeln im Gesicht. Daraus konnte ich direkt schließen, dass sie wusste, worauf hinaus das Gespräch laufen würde. Denn tatsächlich waren ihre Strümpfe schon über ein Jahr alt, die neueren waren ihr zu stramm und auch ihre Beine waren schon jahrelang nicht mehr vermessen worden. Ich habe die Dame deutlich dazu beraten, nur die Strümpfe zu tragen und die dürfen auch nicht älter als 6 Monate sein. Und sie solle sich auch meiner Meinung nach mindestens einmal jährlich die Füße und Beine vermessen lassen, denn der ganze Strumpf saß überhaupt nicht mehr. Daraufhin wurde ihr Lächeln noch breiter und sie fragte mich, ob ich das Gespräch nicht vergessen könnte. Ich sagte ihr, dass ich das natürlich dokumentiere, aber dass ich dann das Gespräch vergesse, da sie ja in drei Tagen wieder nach Hause fahren wird.
Manchmal muss man einfach alle fünfe gerade sein lassen. Aber vielleicht überlegt die Dame sich das ja doch noch einmal. Ich bin auf nächstes Jahr gespannt, wenn sie vielleicht wieder Urlaub in Senden macht.
Deine Stephanie Fricke